Olympische Spiele in Paris 2024 - Noah Hegge - Interessantes rund um den Kanusportler

05.08.2024 08:20
von Marianne Stenglein

Noah Hegge - ein Multi Talent!

Olympische Spiele in Paris 2024 -  Noah Hegge - Interessantes rund um den Kanusportler
Noah Hegge - der Kanu Schwabe verblüfft immer wieder aufs Neue

Der leise Kaffeeliebhaber und Genießer

Noah Hegge hat eher einen ungewöhnlichen Weg in eine Spitzensportkarriere genommen. Nach Platz neun im Kajak bei seinen ersten Olympischen Spielen möchte er nun im Kajak-Cross nach Edelmetall greifen.

Noah Hegge ist eher der sachliche Typ. Emotionen nach außen zu tragen, nicht sein Ding. Als er die nationale Qualifikation um das Olympia-Ticket gewann, hätte man anhand seiner Reaktionen meinen können, er habe gerade alles verloren. Aber er kann auch aus sich herausgehen, erzählt er. „Ich brauche meine Menschen um mich herum. Und wenn ich mich wohlfühle, habe ich auch Spaß. Dann komme ich auch aus mir heraus, aber immer in meinem Umfeld“, sagt er mit einem Lächeln. Spaß hatte der 25-jährige Augsburger Kanu-Schwabe gestern bei seinem ersten olympischen Kajak-Cross-Heat. Er erwischte ein verdammt schweres Rennen, das er beeindruckend fast schon dominierte.

Sein Weg in die Kanuslalom-Weltspitze war eher ungewöhnlich und ein wenig später als bei den meisten Spitzenathleten. Der Augsburger hat eine Waldorfschule durchlaufen. Böse Zungen sagen mitunter, die Kinder lernen an so einer Schule nichts anderes, als ihren Namen zu tanzen. Dazu sagt Noah lachend, „ja, das stimmt.“ Die Waldorfschule habe ihm überraschenderweise wenig Spaß gemacht, erzählt er, „weil es einfach der schulische Aspekt ist.“ Im Nachhinein sei er jedoch über die Vielfalt glücklich, die es gab. So habe er neben Mathe, Englisch und den anderen theoretischen Fächern zum Beispiel auch gartenbauliche und handwerkliche Fähigkeiten vermittelt bekommen. „Und die Disziplin habe ich während meiner Ausbildung zum Konditor gelernt. Das war ein krasser Switch mit drei Jahren Arbeit und jeden Tag 5.30 Uhr in der Backstube stehen. Das hat aber auch enorm viel Spaß gemacht, weil einfach das Team gemeinsam gearbeitet hat. Das hat mir viel Freude gemacht. Es ging auch einfach darum, Sachen abzuarbeiten und durchzuziehen. Und darüber habe ich ein Stück weit gelernt, was eigentlich zu einer Arbeit dazugehört, und das nehme ich mit in den Sport. Ich bin also im Nachhinein sehr glücklich über die Ausbildung. Ich suche immer nach Stellschrauben: Was kann man verbessern, wie kann ich mich weiterentwickeln?“ Und diesen Modus habe er während seiner Konditor-Ausbildung kennengelernt.

2018 kam Hegge in die Sportfördergruppe. Ihm war damals klar, Olympische Spiele 2020 zu erleben, sei nicht realistisch für ihn. „Um das Ziel 2024 zu erreichen, habe ich mir Zwischensteps gesetzt. Wie eben 2021 spätestens in der Herren-Nationalmannschaft zu sein, um zu erleben, wie es im A-Team zugeht.“ Die Heim-WM in Augsburg war ein weiterer Schritt, „um möglichst für die Qualifikation für die Olympischen Spiele gewappnet zu sein. „Die Steps habe ich alle so geschafft. Und jetzt bin ich hier.“ Doch realisiert habe er das erst, „als ich hier zur Eröffnungsfeier war“, erzählt er.

Noah Hegge ist Genießer. Und die französische Küche steht für Kochkunst und Esskultur. Also genau das, was Noah Hegge liebt. Gutes Essen, einen leckeren Kaffee – beides mit Kunst umrahmt. Nun, in Paris bei den Olympischen Spielen gibt es für den 25-Jährigen im Olympischen Dorf zunächst fast nur Mensaessen – das heißt, unter anderem verkochte Nudeln. Aber eben nur fast. Denn es gibt tatsächlich auch jeden Tag einen Sternekoch im Dorf, „jeweils ein kleines Häppchen gibt es. Und das war für mich immer der Starter zum Abend“, erzählt Hegge. „Danach gab es jeden Tag Nudeln mit Gemüse und Tomatensoße.“ Das brauche er für den Wettkampf. Denn das Sterne-Essen mache nicht satt. Umso mehr freue er sich auf die Zeit nach den Wettkämpfen, „wenn wieder lecker und mit mehr Auswahl gegessen werden kann“, sagt er. Ein wenig Vorgeschmack hat Hegge ja bereits, wenn er dann noch Zeit mit Familien und Freunden in Paris genießen kann. Jeden Tag zaubert der Sternekoch ein anderes Gericht. Alles probiert der 25-Jährige, auch Bohnen, die er eigentlich nicht so mag. „Aber die hier waren legendär. Da habe ich zweimal nachgeholt“, erzählt er lachend.

Seine große Leidenschaft sind auch Kaffeespezialitäten. „Bei den heißen Temperaturen trinke ich am liebsten Espresso-Tonic. Erfrischend lecker. Den gibt es hier leider nicht.“ Aber in Wettkampfphasen reduziere er ohnehin seinen Kaffeekonsum sehr. „Ich trinke maximal eine Tasse pro Tag, wenn nicht sogar nur eine“, weil er versuche, ohne Kaffee in den Flow zu kommen. Generell liebe der Kaffeeliebhaber zum Nachtisch Espresso auch hin und wieder mit Vanilleeis, einen Affogato. „Der ist auch ein krasses Highlight.“ Ansonsten trinke er am liebsten einen Espresso-Macchiato. „Das sind meine Kaffeeroutinen in der Freizeit.

Zum Bettenthema im Olympischen Dorf sagt er, „ich kann überall recht gut schlafen.“ Zudem sind die Tage so lang und voller Eindrücke, „dass ich mich einfach nur uns Bett lege, mich aufs Schlafen freue. Und, ob es ein bisschen härter oder weicher ist, das stört mich überhaupt nicht.“

Er hat ein Einzelzimmer. Auf langen Wettkampftagen mag er es, einen Rückzugsort zu haben, für eine gewisse Ruhe und Zeit für sich. Auch brauche er sein Umfeld, in dem er sich wohl fühlt. „Und wenn ich mich wohl fühle, habe ich Spaß auf dem Wasser. Und wenn ich Spaß auf dem Wasser habe, dann kann ich schnell fahren.“ Deshalb achte er auch im Vorfeld von Wettkämpfen genau auf diese Komponenten.

Eine ganz enge Beziehung hat Noah Hegge zu seinen Brüdern Jonas und Samuel. Beide sind aktuell auch in Paris. Jonas wird danach wieder nach Japan gehen, wo er derzeit als Koch arbeitet. Alle drei haben die Marke AWHU in Augsburg entwickelt, sie wollen gemeinsam „Sachen machen, die uns gefallen, wo wir Spaß daran haben.“ Egal ob Klamotten, Mützen, oder ob Jonas kocht und ein Event entsteht – auch in Verbindung mit Kunst und Musik. „Wir wollen einfach Leute zusammenbringen, und mit den Menschen vor Ort eine gute Zeit haben.“ Aktuell haben die drei Brüder nicht viel Zeit, um solche Begegnungen zu organisieren. Aber es ist ein Anfang, ein Vorgeschmack. Für die Zukunft könnten sich die Brüder auch vorstellen, dass es regelmäßig derartige Angebote gibt. Kochen und backen, das können alle drei, auch Samuel, erzählt Noah Hegge.

Doch zunächst liegen die Prioritäten von Noah Hegge ganz klar auf dem Kanusport. Der feine Techniker ordnet diesem aktuell alles unter. Bleibt zu hoffen, dass er an den beiden noch ausstehenden Kajak-Cross-Wettkampftagen in Paris ganz viel Spaß hat – denn dann ist er schnell. Und vielleicht sogar so schnell, wie in seinem ersten olympischen Kopf-an-Kopf-Rennen.

Noah Hegge auf seiner TV-Studio-Tour nach seinem Kajak-Lauf bei Eurosport und beim ZDF  Text und Fotos DKV Uta Büttner

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