Pfingsten an der Soca
Glasklares Wildwasser in ganz unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden, tolles Wetter, ein angenehmer Campingplatz und eine gut aufgelegte Gruppe – das waren die Zutaten, die den Pfingstausflug der KSA-Wanderpaddler an die Soca zu einem besonderen Erlebnis machten.
„Pushy“ sei der Fluss, wird Schorsch nach einigen Paddelstunden feststellen, durch die Schneeschmelze im nördlichen Hochgebirge bietet er Anfang Juni einen „guten Mittelwasserstand“.
Sieben Mitglieder starten am Freitag vor Pfingsten in aller Frühe mit dem Vereinsbus, um möglichst dem Gedränge zum Auftakt der Pfingstferien zu entgehen (erfolgreich). Wer noch früher gefahren ist, hatte gut lachen, wer erst am Samstag auf die Piste kommt, der muss sich in Gelassenheit üben … und wie in einem Fall, den kurz hinter München gerissenen Keilriemen reparieren lassen, um dann doch noch am Samstagabend im „Camp Liza“ bei Bovec anzukommen.
Als wir auf dem großen Zeltplatz direkt an der Einmündung der Koritnica in die Soca ankommen, hat die Vorhut schon ihre Erfahrungen auf dem letzten Abschnitt der Koritnica gesammelt, Schwimmen durch die Klamm inklusive. Unsere Gruppe kauft gleich bei der Ankunft im Campingplatz die nötigen Paddler-Tickets, baute das Lager auf – und startet umgehend zu einer Soca-Schnupperfahrt von der Koritnica-Mündung bis nach Cezsoca, inzwischen allgemein bekannt als „Camp Prijon“. Zweieinhalb Kilometer mit Wildwasser II sind für die einige von uns grad die richtige Einstimmung.
Auf der Rückfahrt zum Zeltplatz lernen wir im Mercator Supermarkt noch etwas slowenischen Alltag kennen. Der sieht in Bovec zu Pfingsten allerdings so aus, dass die Hälfte der Kunden Kajakfahrer aus halb Europa sind. Die werden selbst bei umständlichem slowenisch-englischem Kauderwelsch an der Kasse sehr freundlich behandelt – auch wenn sie die letzten gekühlten Dosen mit heimischem Lasko-Bier (den Namen bitte merken, der spielt später nochmal eine Rolle) wegkaufen. Ein entspannter Abend im „Camp Liza“ schließt den ersten Tag ab.
Am Samstag zeigt sich, wie sinnvoll es war, Biertischgarnituren und einen Pavillon aus dem KSA-Bestand mitzunehmen. Auch ein gemeinsames Frühstück fördert ja die Teamfähigkeit und im Schatten lauscht man den Ausführungen von Wanderpaddler-Wart Schorsch einfach viel aufmerksamer.
Der macht erst mal deutlich, dass sich ein Paddler auf einem Wildfluss vor allem bei Aussteigen und Schwimmen anders verhalten muss als auf dem vertrauten Eiskanal und Jugendstrecke. „Beine voraus und hoch, damit sie auf keinen Fall zwischen Felsen stecken bleiben!“ Und ein Schwimmer soll sich nicht an seinem Boot festhalten, das könnte, mit mehreren hundert Litern Wasser vollgelaufen, durch die Strömung zur unberechenbaren Keule werden.
Es dauert ein wenig, bis entschieden ist, wer nun in welcher Gruppe welche Soca-Abschnitte paddeln sollte – und welche erfahrenen Paddler die weniger geübten begleiten. KSA steht halt auch für „Keine spezielle Ansage“, kommentiert Kornelius die Entscheidungsfindung. Doch dann geht es flott. Boote aufladen und Richtung Podkanec, zum Auslass der 2.
Soca-Klamm. Flussaufwärts gilt ohnehin ein Befahrungsverbot. Wir weniger Routinierten setzen die Autos um und warten dann am Ausgang des 3. Soca-Canyons. Etwa eine Stunde beschäftigen wir uns dort mit Seilfähren und Dehnübungen, dann tauchen die ersten Boote mit KSA-Paddlern auf. Die Gruppe hatte einen Abschnitt im Canyon umtragen, auch zwei Schwimmer hatten Zeit gekostet.
Mit „Feuchti“ als Pfadfinder und Robert als „Einsammler“ starten wir dann die etwa eineinhalb Kilometer bis zur Einmündung der Koritnica. Wir erleben, dass der „Frauenverschlucker“, ein großer Fels, auf den die Strömung zuhält, auch einen männlichen Paddler nicht verschmäht.
Ansonsten abwechslungsreiches Wildwasser II mit längeren Schwallstrecken. Auch diesmal ist „Camp Prijon“ unser Ziel. Nach dem Feierabendbier am Zeltplatz hat keiner in unserer Gruppe große Lust aufs Kochen, wir suchen – als Optimisten – ein Lokal mit Platz für acht Leute im Zentrum von Bovec und werden bei „Gostišče Martinov hram“ fündig. Das
passt: Slowenische Spezialitäten, kühles Bier und eine freundliche Junior-Chefin.
Am Sonntag peilen wir Abschnitte flussabwärts an. Wir weniger Routinierten starten unter der Straßenbrücke bei Boca (die „Hausfrauenstrecke“, die sich vom Camp Prijon bis hierher erstreckt, überspringen wir) und paddeln mit Thorsten als Vorpaddler und Stefan als Einsammler bis zur Einstiegstelle bei Sebrenica. In diesem Abschnitt fließt die Soca breit und weitgehend unverblockt durch ein weites Tal, entspanntes Wildwasser I bis II – das allerdings auch zu einem Bad einlädt, wenn man etwas zu entspannt oder zögerlich paddelt. Beim Rafteinstieg bei Sebrenica übernehmen wieder Feuchti und Robert unsere Gruppe, auch die übrigen stellen sich ein – und weiter geht es durch teilweise verblockte Abschnitte, teilweise deftige Schwallstrecken bis zum großen Gumpen. Hier heißt es: Alle aussteigen.
Wir besichtigen den Beginn der „Friedhofstrecke“. Feuchti und Schorsch weißen auf die Risiken dieses ersten verblockten Abschnitts hin, dem nach einigen Biegungen noch weitere folgen – und entscheiden dann, wem sie die Weiterfahrt nicht zutrauen. Es gibt keine Diskussionen.
Letztlich sind wir vier Paddler, die ihre Boote hier den steilen Weg hinauf bis zur Straße tragen. Während sich die übrigen auf „Friedhofstrecke“ (3+) und einige auch noch auf der Slalomstrecke (bis
IV) bewähren, erleben wir auf dem Parkplatz, wie der slowenische Wildwasser-Tourismus an Pfingsten auf Hochtouren läuft. Boote abholen, Bootsanhänger abstellen, Rafts holen. Eine junge Frau stellt einen Bus ab und bemüht sich, per Anhalter wieder zu ihrer Basis zu kommen. Es dauert. Später sehen wir sie kurz, und immer noch in Eile, beim Camp am Anfang der Slalomstrecke. Auch wir brauchen Geduld, bis wir abgeholt werden, bis die Boote wieder auf die verschiedenen Anhänger und Kombis verteilt sind, bis wir wieder den Zeltplatz ansteuern. Für die Soca im Pfingst-Trubel braucht man abseits des Flusses eine gehörige Portion Gelassenheit. In diesen Tagen ist nur das glasklare, eiskalte Schmelzwasser aus dem Triglav-Gebiet so richtig flott unterwegs – und vielleicht die Biker, die wir immer wieder auf den Straßen sehen.
Den Montagvormittag nehmen dann einige Cracks, denen sich auch Olympiasieger Thomas samt Freund aus Australien anschließt, die Abseilstrecke (III bis IV) unter den Kiel, andere steuern nochmals vom 3. Canyon das Camp Prijon an und testen die letzten 500 Meter der Koritnica.
Wer nun aus erster Hand weitere Paddler-Infos zur Soca wissen will, der muss mit den Teilnehmern ins Gespräch kommen, vielleicht bei den Grillabenden am Bootshaus.
Was nehmen wir sonst noch an Erfahrungen von der Soca mit? Dass man auch an Land, beim gemütlichen Abendessen, mit Überraschungen rechnen muss.
Am Sonntagabend essen wir nochmals als große Gruppe (diesmal mit
Reservierung) beim „Gostišče Martinov hram“. Lukas bestellt ein „large Coke“ … und erntet viele Lacher, als ihm die Bedienung ein kühles „Lasko“-Bier bringt. Er hat auch diese Herausforderung, wie alle auf der Soca, souverän gemeistert.
Text und Bilder: Hermann Schmid