Sickline 2016 spanischer Extremkajaker folgt seinem Bruder

09.10.2016 18:53
von Marianne Stenglein

Spannendes Finale der Extremkayakweltmeisterschaft im Ötztal / Österreich am 8.10.2016

Sandra Hyslop (GBR) und Aniol Serrasolses (ESP) sind die adidas Sickline Extremkajakweltmeister 2016, die Augsburger Hannes Aigner, Alexander Grimm fuhren sich im Finale der Top 16 Kayak Herren nach einem intensiven Rennwochenende auf der legendären Wellerbrückenstrecke im österreichischen Ötztal auf die Plätze sechs und zwölf, es holten sich der 25-jährige Aniol Serrasolses aus Bescano/ Spanien und die 26-jährige Sandra Hyslop aus Loughborough / Großbritannien ihren ersten adidas Sickline Extremkajakweltmeistertitel. Silber ging an Sam Sutton (NZL) und Nouria Newman (FRA), Bronze sicherten sich Dane Jackson (USA) und Martina Wegmann (NED). Sabrina Barm aus Augsburg zum ersten Mal am Start, genauso wie Lukas Kalkbrenner und Fabian Dörfler mit beachtenswerten Erfolgen!

Das malerische Ötztal im Herzen der österreichischen Alpen hieß an diesem Wochenende die besten Extreme Kayaker der Welt zur neunten Auflage der Extreme Kayak Weltmeisterschaft willkommen. Das längste Seitental Tirols, das Ötztal, oder genauer gesagt, der Ort Ötz, ist die Heimat der legendären Wellerbrücken-Stromschnellen, auf denen insgesamt 175 Athleten und Athletinnen aus 29 Nationen, 150 Männer und 25 Frauen, um den WM Titel kämpften. Eine tolle Strecke und viele Extrem Kayaker sind  jedes Jahr sehr heiß darauf, hier überhaupt starten zu dürfen, was gar nicht so einfach ist, denn die Teilnehmerzahl ist begrenzt (175 TN).

Diese Extremkajakweltmeisterschaft ist einzigartig, denn sie bringt Athleten aus den verschiedensten Kajakdisziplinen (Freestyle, Expedition, Extremkajak, Slalom, etc.) zusammen, um auf einer Weltklasse-Wildwasserstrecke gegeneinander anzutreten. Die Teilnehmer kommen aus allen Ecken der Welt angereist, um ihr Können unter Beweis zu stellen. „Die besten Extrem Kayaker der Welt liefern sich ein spannendes Kopf-an-Kopf Rennen, geben ihr Bestes und wollen sehen, wer der Schnellste ist – so die Aussage von Teilnehmern“.

Im Laufe von zwei aktionsreichen Tagen wurde das Teilnehmerfeld in Qualifikations- und KO-Runden von insgesamt 175 Athleten auf 16 Herren und 5 Damen reduziert. Das Finale selbst wird nach Zeit ausgewertet. Die Teilnehmer kämpfen auf einem 280 Meter langem Kurs mit dem Wildwasser Schwierigkeitsgrad 5 (sehr schwer) und 6 (nur unter idealen Bedingungen fahrbar) gegen die Uhr. Zuerst müssen die Kayaker aber eine Rampe hinunterhüpfen, die es auch schon in sich hat. Sicherlich 10 Meter (wenn nicht noch höher) geht es am Beginn des Rennens schon einmal hart zur Sache, dann kommen erst die einzelnen verblockten Passagen, die sich Jahr für Jahr zum Teil auch verändern (Unterspülungen, Verschiebungen usw.) Einzigartig dabei ist, dass der vorläufig Führende in einen heißen Whirlpool steigt und von dort aus mitverfolgen kann, ob jemand seine Zeit schlägt. Wenn nicht, dann bleibt derjenige im „Hot Seat“ Whirlpool sitzen und genießt weiterhin die Wärme.

Niedriger Wasserstand sorgt für technisches Rennen

Das Wasserstand der Ötztaler Ache war dieses Jahr niedriger als normal, was bedeutet, dass Präzision entscheidet; jede Abweichung von der perfekten Linie wird mit Felskontakt und Zeitverlust bestraft. Die Extreme  Kayaker wussten, dass einfaches hartes Paddeln und unsauberes Fahren keine Option war – der Kurs würde dieses Jahr den besten Paddler belohnen, nicht den stärksten. Die Bedingungen waren ebenfalls widrig, mit niedrigen Lufttemperaturen während des gesamten Events und einer Wassertemperatur von 5°C. Kombiniert man das mit dem wahrscheinlich besten Teilnehmerfeld aller Zeiten, sowohl bei den Herren, als auch bei den Damen versprach das adidas Sickline Finale 2016 einer der härtesten Wettbewerbe in der Kajakgeschichte zu werden, noch bevor ein Boot überhaupt das Wasser berührt hatte. An den Start traten Kayaker zwischen 18 und 43 Jahre, und beruflich ist alles vertreten, von Polizisten, Schafscherern, Lehrern, Ärzten, Ingenieuren bis Studenten, denn vom Sport kann selbst keiner leben. Die Extrem Kayaker kommen aus allen Herren Ländern, Australien, Neuseeland, USA, Argentinien, Südafrika, Canada und ein Großteil vom gesamten europäischen Kontinent. So begegnete man einem großen Sprachfeld, dem wurde wieder Rechnung getragen mit einem Moderator in Englisch und Deutsch.

Damensportlerinnen dieses Jahr in großer Anzahl am Start.

25 Extrem Kayakerinnen entschlossen  sich, diesem harten Rennen beizuwohnen. Es siegte die Britin Sandra Hyslop vor der Französin Nouria Newman und der Niederländerin Martina Wegmann in einem spannenden Finale. Die Schwabenkanutin Sabrina Barm – bekannt von ihren Erfolgen als Wildwasser Rennsportlerin – nahm zum ersten Mal an der Sickline Weltmeisterschaft teil. Sie liebt es ja, je wilder umso besser, aber der niedrige Wasserstand auf der Ötztaler Ache hatte so seine Tücken. Sie belegte den achtzehnten Platz bei der WM. Aber wer ihren Ehrgeiz kennt, der weiß, dass sie sicher im nächsten Jahr wieder angreifen wird um ihre Stärke unter Beweis zu stellen. Alle Achtung, dass sie an diesem schweren Wettkampf teilnahm!

Hochkarätiges Herrenfinale (Topp 16):

Noch bevor das Finale der Männer begann, gab es einige Überraschungen in den Vorläufen, denn einige der Favoriten schafften es nicht weiterzukommen. Die meisten großen Namen der Kajakszene überstanden jedoch die Vorrunden. Der dreimalige Extremkajakweltmeister Sam Sutton (NZL), der Titelverteidiger Gerd Serrasolses (ESP) und sein Bruder Aniol, der Olympiasieger 2008, Alexander Grimm (GER), der Sickline Silbermedaillengewinner von 2010, Michele Ramazza (ITA), der Freestyle Vize-Weltmeister von 2015, Mathieu Dumoulin (FRA), und der Bronzemedaillengewinner der Olympischen Spiele 2012, Hannes Aigner (GER), konnten in die Runde der Besten 16 einziehen. Die beiden Kanu Schwaben Extreme Kayaker Lukas Kalkbrenner und Fabian Dörfler belegten die Plätze 67 und 22. Beide sind beruflich sehr eingespannt und haben wenig Zeit, ihrem geliebten Kanusport nachzugehen, deshalb sind ihre Ergebnisse bei 150 Startern bei den Herren trotz allem sehr stark!

Finallauf der Topp 16:

Michele Ramazza übernahm früh die Führung mit einer Zeit von 1.02.84, über eine Sekunde schneller als in der vorherigen Runde, aber immer noch einige Sekunden langsamer als manche erfassten Zeiten an diesem Wochenende. Und Michele konnte seine Führung behaupten, nachdem Stefan Hengst und Mathieu Dumoulin ihre Läufe beendet hatten, wurde dann aber von Aniol Serrasolses (ESP) aus dem Hot Seat verdrängt, der die Strecke mit einer Zeit von 1.01.70 herunterflog – seine bisher schnellste Zeit.

Aniol nahm im Hot Tub Platz und alles, was er tun konnte, war, zuzuschauen, wie ein Weltklasse-Kajaker nach dem anderen darum kämpfte, seine Zeit zu schlagen. Michal Buchtal (CZE) und Matias Leonardo Lopez (ARG) – der erste Südamerikaner überhaupt in einem adidas Sickline Finale – kamen und gingen, genauso wie Phil Mitchell (GBR) und Eric Deguil (FRA), was bedeutete, dass Aniol, als der dreimalige Freestyle World Champion Dane Jackson (USA) die Startrampe betrat, immer noch im Hot Seat saß. Dane Jackson, der die Wellerbrücken-Stromschnellen schon 50 Mal an einem Tag gefahren ist, aber noch nie den Titel gewinnen konnte, ist ein leidenschaftlicher Fan der adidas Sickline WM. Tatsächlich konnte er sich dieses Jahr nur für das Finale qualifizieren, weil er einen der zwei „Lucky Loser“-Plätze aus dem Halbfinale bekam, in dem er seinen Head-to-Head-Kampf gegen Hannes Aigner verlor. Erstmal im Finale angekommen, nutzte er die Gelegenheit, ein Zeichen zu setzen. Er flog nur so durch die oberen Stromschnellen und schaffte einen fast fehlerlosen Lauf, verpasste die Führung jedoch um 0.45 Sekunden. Doch eine Medaille hatte er sicher.

„Es ist verrückt, dass ich eigentlich nach der zweiten Runde ausgeschieden war, als Hannes Aigner mich im Head-to-Head geschlagen hat. Dann kam ich als einer der Lucky Loser in das Finale. Das war ziemlich unglaublich, weil es das zweite Jahr in Folge ist, dass das passiert. Dass ich ins Finale gekommen bind und einen dritten Platz herausholen konnte, macht mich sehr glücklich“ so Dane Jackson.

Der Kanu Schwabe Alexander Grimm, Zeno Ivaldi (ITA), Antoine Launay (POR) und Hannes Aigner (AKV) hatten alle ihre Chance, ihn zu verdrängen, aber es gelang ihnen nicht. Somit gab es nur noch zwei Athleten, die Aniol den Titel streitig machen konnten: sein Bruder, der amtierente Extremkajakweltmeister Gerd Serrasolses und der dreifache Sickline Champion Sam Sutton.

Knappstes Ergebnis der Geschichte

Gerd Serrasolses legte eine Zeit von 1.02.36 vor – gut, aber nicht gut genug. Sollte es Sam Sutton, der so oft auf dieser Strecke dominierte, womöglich einen vierten Titel gewinnen? Sein Lauf war fast fehlerlos und als er um die perfekte Linie kämpfte, schrie das Publikum seine Unterstützung förmlich hinaus, aber es reichte nicht – Sam verpasste den Titel um 0.01 Sekunden. Eine Millimeterentscheidung. Es war das knappste adidas Sickline Finale in der Geschichte des Rennens und das dramatischste; nur eine Hundertstel Sekunde weniger und der Sieger hätte einen anderen Namen. Sam Sutton steckte seine knappe Niederlage wie ein Sportsmann weg: "Ich freue mich so für Aniol, er ist einer der coolsten und vielleicht einer der verrücktesten Kayaker da draußen. Ich bedaure, dass Gerd vom Podium gekickt wurde, er hatte ein hartes Jahr, aber es ist super cool, dass beide Serrasolses-Brüder diesen Titel geholt haben. Das haben mein Bruder Jamie und ich noch nicht geschafft“.

Somit sind Aniol Serrasolses und Sandra Hyslop die adidas Sickline Extreme Kayak World Champions 2016, Sam Sutton (NZL) und Nouria Newman (FRA) können sich über Silber freuen, Dane Jackson (USA) und Martina Wegmann (NED) über Bronze. 

Das Wetter war Gott sei Dank trocken, so dass den Zuschauern die Qual mit den Regenschirmen erspart blieb. Frisch war es zwar, aber trotzdem gelang es der Sonne, ab und zu durchzudringen. Tolle Stimmung der angereisten Zuschauer, unter ihnen auch der Kanu Schwaben Präsident Horst Woppowa, der mit etlichen Schwabenmitgliedern vor Ort war um sein Extrem Team anzufeuern. Eine große Anzahl von TV, Fotografen und Medienvertretern war angereist, um spektakuläre Bilder von den Athleten und dem Ötztal einzufangen. Übrigens, der BKV Bayerische Kanupräsident Oliver Bungers ließ es sich nicht nehmen, um die bayerischen Extreme Kayaker persönlich anzufeuern. Erfahrene Bergrettung war vor Ort, die nunmehr schon neunjährige Erfahrung hat, wie dieser Wettkampf sicherheitstechnisch zu bewältigen ist. Ein tolles Event zum Ende der europäischen Saison.

Marianne Stenglein / Referentin für Presse/ Quelle PM Sickline/ 09.10.2016

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